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Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini

Bibliography

Verfassungstheoretische und verfassungspraktische Betrachtungen zur Bundesstaatlichkeit

Das 1848 gestartete Projekt «Bundesstaat» war, wie sich in der Rückschau bestä­tigt, ein grosses Wagnis. Die damaligen Protagonisten schufen neue Strukturen und Problemlösungsprozesse, ohne genau zu wissen, was ein Bundesstaat ist und was eine Bundesverfassung leisten kann. Man kannte zwar den Begriff «Bundes­staat»1, aber es gab kaum Vorbilder. Die Vereinigten Staaten von Amerika und die

Die Bundesstaatsgründung: ein (r)evolutionäres Wagnis

Am 12. September 1848 beschloss die Tagsatzung: «Die Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft […] ist anmit feierlich angenommen und wird als Grundgesetz der schweizerischen Eidgenossenschaft erklärt». Die vor 175 Jahren verabschiedete «feierliche Erklärung über die Annahme der neuen Bundesverfassung» (BBl 1849 34 ff.) bedeutete einen Bruch mit den bisherigen…
Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini
ZBl 9/2023 | S. 457

Bundesgericht, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, 2. Mai 2023, 2C_852/2022

Zehntägiger Schulausschluss wegen verweigerter Teilnahme an einem Corona-Ausbruchstest; Art. 6, 19 und 36 BV; Art. 38 Abs. 1 EpG. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich aus der in Art. 6 BV verankerten individuellen und gesellschaftlichen Verantwortung in sehr spezifischen Konstellationen gewisse justiziable Ansprüche ergeben könnten, ist dies für den vorliegenden Fall nicht…

Bundesgericht, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, 1. Mai 2023, 2C_740/2022; Online

Beschränkung des Zugangs zu Restaurationsbetrieben auf Personen mit einem Zertifikat; Prüfung der Verfassungsmässigkeit; Art. 6 Abs. 2 Bst. a und b sowie Art. 40 EpG, Art. 12 Abs. 1 Bst. a aCovid-19-Verordnung besondere Lage; Art. 27, 36 und 178 Abs. 3 BV. Das Departement für Sicherheit, Institutionen und Sport des Kantons Wallis und das Departement für Gesundheit, Sozialwesen und…
Buchbesprechungen

Handbuch des Verwaltungsrechts: Band I: Grundstrukturen des deutschen Verwaltungsrechts | Band II: Grundstrukturen des europäischen und internationalen Verwaltungsrechts.

1. Das auf zwölf Bände angelegte «Handbuch des Verwaltungsrechts», herausgegeben von Wolfgang Kahl und Markus Ludwigs, versteht sich als Gesamtdarstellung des deutschen Verwaltungsrechts und als eine Art Pendant zum «Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland» aus demselben Verlag (herausgegeben von Josef Isensee und Paul Kirchhof, 3. Aufl., Heidelberg 2003 – 2015). Am…

Die CS-Übernahme und der «Fluch des Notrechts»

Schon wieder «Notrecht»: Nach der UBS-Rekapitalisierung (2008)1, der Corona- «Notrechts»-Welle (2020)2 und der Axpo-Liquiditätsspritze (2022)3 hat der Bundesrat jüngst auf dem «Notrechtsweg» Massnahmen ergriffen, um den Zusammenbruch der Credit Suisse (CS) abzuwenden (Verordnung vom 16. März 2023, er­gänzt am 19. März 20234). Wieder geht es um Ausgaben in Milliardenhöhe – diesmal um…
Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini
ZBl 6/2023 | S. 309

Im Schnellzugtempo vom reinen Majorz zum Doppelproporz

Am 15. Mai 2022 fanden die Wahlen zum Bündner Grossen Rat erstmals nach dem Verhältniswahlverfahren statt («Doppelter Pukelsheim»). Grundlage dafür bildeten der in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 revidierte Art. 27 Abs. 2 KV/GR und das neue Grossratswahlgesetz vom 16. Februar 2021. Die Wahlrechtsreform erfolgte nicht ganz freiwillig. Auslöser war ein Urteil des Bundesgerichts…
Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini
ZBl 2/2023 | S. 57

Einzelfallabwägung und Gemeinwohlverantwortung: die Lex Gondo-Grengiols-Grimsel und die Gewaltenteilungsfrage

Die im Schnellverfahren beschlossene Teilrevision des Energiegesetzes vom 30. September 2022 betreffend «Dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» (AS 2022 543) will unter anderem den Weg ebnen für die Erstellung von Photovoltaik-Grossanlagen in den Alpen (Art. 71a EnG) – gedacht wurde an zwei Projekte im Kanton Wallis (Gondo,…

Bundesgericht, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, 27. August 2021, 2C_595/2020

Pflicht zum Apotheken-Notfalldienst; Art. 40 MedBG; Art. 23, 27 BV, § 38 GesG/AG. Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Apothekerinnen und Apotheker durch die Verpflichtung, Notfalldienst zu leisten (E. 5.4). Vorliegen eines schweren Eingriffs, wenn die Möglichkeit der persönlichen Notfalldienstleistung entzogen wird, dies verbunden mit der Pflicht zur zwangsweisen kapitalmässigen…
Buchbesprechungen

Constitution fédérale. Commentaire romand | Droit constitutionnel suisse | Souveränität im Bundesstaat und in der Europäischen Union. Eine Untersuchung auf Grundlage des deutschen und schweizerischen Verfassungsrechts

Die Literatur zum schweizerischen Verfassungsrecht hat auch im Jahr 2021 erfreulichen Zuwachs erhalten. Herausgegriffen seien hier drei Werke, die unterschiedliche Literaturgattungen repräsentieren (Kommentar, Lehrbuch, Monografie) und je auf ihre Weise die rechtswissenschaftliche Diskussion bereichern.

Bundesgericht, I. öffentlich-rechtliche Abteilung, 24. Februar 2022, 1C_147/2021

Epidemiebedingte Absage der Landsgemeinde, Durchführung von Urnenabstimmungen und -wahlen an deren Stelle, Einschränkung der politischen Rechte, Verhältnismässigkeit; Art. 5 Abs. 1 und 2 sowie Art. 34 Abs. 1 BV, Art. 40 EpG, Art. 19 ff. KV/AI. Gewährleistung der politischen Rechte im Allgemeinen (E. 4.1). Organisation und Zuständigkeiten der Landsgemeinde (E. 4.2). Die Durchführung…

Das Verfassungsgefüge im Stresstest der Pandemie

Beim Schutz seiner freiheitlichen Verfassungsordnung vertraut der Bund auf ein traditionsreiches Dispositiv.1 Wie bewähren sich die verfassungsrechtlichen checks and balances im Stresstest der Coronavirus-Pandemie, die uns seit nun fast zwei Jahren im Griff hat? Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Die Verfassungsordnung scheint zwar prima vista recht gut gewappnet zu sein (I.). Allerdings zeigt…
Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini
ZBl 2/2022 | S. 59

Die Volksabstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative vor Bundesgericht

Mit der Justizreform (2007) erlangte das Bundesgericht unter anderem neu die Zuständigkeit für die Beurteilung von Beschwerden betreffend eidgenössische Volksabstimmungen. Seither hatte das Bundesgericht verschiedentlich zu prüfen, ob bei einer Abstimmung auf Bundesebene die politischen Rechte verletzt wurden. Anfänglich war die Zahl dieser Beschwerden eher gering; in jüngerer Zeit scheint sie…

Für ein freiheitliches, staatsgerichtetes Verständnis der Verhältnismässigkeit

Das Gebot, die Verhältnismässigkeit zu wahren, gehört zu den erstrangigen rechtsstaatlichen Errungenschaften. In einer 2013 veröffentlichten Schrift hat Markus Müller verdienstvollerweise die vielfältigen Dimensionen der Verhältnismässigkeit herausgearbeitet und dabei auch Bezüge zum Gerechtigkeitsdiskurs in der Antike hergestellt (Verhältnismässigkeit, Bern 2013, S. 2, 12 und passim). Jüngst…

Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 28. Mai 2020, AN.2020.00004; rechtskräftig

Corona-Pandemie, Notverordnung des Regierungsrates des Kantons Zürich; Art. 72 KV/ZH. Ist die öffentliche Ordnung schwerwiegend gestört oder unmittelbar bedroht, so kann der Regierungsrat auch ohne gesetzliche Grundlage Notverordnungen erlassen. Die Kompetenz des Regierungsrates ist auf den Schutz klassischer Polizeigüter (Leib und Leben, Eigentum oder Freiheit) beschränkt; wirtschaftliche oder…

«Grundrechte für Primaten» zwischen Rechtsdogmatik und Symbolpolitik

Grundrechte für Tiere sind schon seit geraumer Zeit Gegenstand theoretischer Über­legungen, neuerdings auch konkreter rechtspolitischer Debatten (dazu Johan Rochel, Des invités dans la Constitution cantonale?, in diesem Heft S. 67 ff.). Dagegen sind rechtsdogmatische Erörterungen noch rar. Dies könnte sich ändern, wenn die Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt die Volksinitiative …

«Dieses Versprechen kann die Initiative nicht halten» – und was daraus für die Beurteilung der Gültigkeit folgt

Die Volksinitiative «Grundrechte für Primaten», im Jahr 2017 im Kanton Basel- Stadt eingereicht, will den Grundrechtskatalog der Kantonsverfassung um das «Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit» ergänzen. Der baselstädtische Grosse Rat erklärte die Initiative auf Antrag des Regierungsrats wegen Unvereinbarkeit mit dem übergeordneten Recht…

«Notrecht» in Zeiten des Coronavirus – Eine Kritik der jüngsten Praxis des Bundesrats zu Art. 185 Abs. 3 BV

Die Coronavirus-Pandemie bringt viel Leid über die Welt. Die Schweiz gehört zu den früh und im Verhältnis zur Bevölkerungszahl stark erfassten Ländern. In Aus der ZeitschriftZBl 5/2020 | S. 239-267Es folgt Seite №240­einigen Landesgegenden, namentlich im Tessin und in der Westschweiz, sind Bevölkerung und Wirtschaft überdurchschnittlich betroffen. Entschiedenes, beherztes Handeln der…

Der coronavirusbedingte Fristenstillstand bei ­eidgenössischen Volksbegehren – eine Fallstudie zur ­Tragfähigkeit von Art. 185 Abs. 3 BV

Die Coronavirus-Pandemie hat nicht nur tiefgreifende Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft. Auch unsere demokratisch-rechtsstaatlichen Institutionen sind von der Pandemie stark betroffen. Regierungen tagen im Krisenmodus. Verwaltungen reduzieren den Publikumsverkehr auf ein Minimum. Parlamente brechen Sessionen ab. Gerichte schränken ihren Sitzungsbetrieb ein. Volksabstimmungen und…

Zwanzig Jahre «neue» Bundesverfassung

Unsere Bundesverfassung steht gut zwanzig Jahre in Kraft. Das Adjektiv «neu», mit dem sie amtlich geschmückt wurde (BB vom 18. Dezember 1998), hat seine Berechtigung nach und nach verloren. Inzwischen sind jüngere Juristengenera­tionen tätig, die die «alte» Bundesverfassung von 1874 nur noch vom Hörensagen her kennen und sich mangels direkter Vergleichsmöglichkeit kaum bewusst sind, um wie viel…
Prof. Dr. iur. Giovanni Biaggini
ZBl 3/2020 | S. 117