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From the magazine ZBl 1/2021 | S. 1-2 The following page is 1

Das Parteibuch der Richterinnen und Richter: Fluch oder Segen?

«Leider übt in der Bundesversammlung die Parteizugehörigkeit des Kandidaten in manchen Fällen einen grössern Einfluss aus, als die Frage nach seiner Fähigkeit, den Platz eines Bundesrichters auszufüllen.» Dieser Satz könnte aus dem Umfeld der «Justiz-Initiative» stammen, die den Einfluss der politischen Parteien auf die Wahlen an das höchste Schweizer Gericht radikal zurückbinden will. Die Feststellung ist allerdings sehr viel älter und stammt zudem von einer Person, die ihre Wahl an das Bundesgericht ihrer Parteizugehörigkeit verdankte. Alexander Reichel (1853 – 1921) beschrieb in seinem 1896 erschienenen Kommentar zum Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege die bereits damals übliche Wahlpraxis. Reichel brachte zweifelsohne die nötigen fachlichen Qualifikationen mit, um als Bundesrichter gewählt zu werden; er war Universitätsprofessor und erster Chef der Justizabteilung (heute Bundesamt für Justiz). Mindestens so entscheidend war aber sein…

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